Das Oldenburger Wunderhorn

Reflexionen 9

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Neue Berge in Osternburg

Die stadtbildprägende Mülldeponie in Oldenburg-Osternburg ist zu einem Stadtpark umgewandelt worden, was einen Hauch von Hoch(gebirgs)gefühl ins norddeutsche Tiefland bringt.

Gebirgsentwicklung
 
Die Entstehung neuer Gebirgszüge ist normalerweise ein sehr langsamer Prozess, der selbst innerhalb vieler Generationen nicht beobachtet werden kann. Abgesehen natürlich von Gewaltereignissen wie Vulkanausbrüchen (davon blieb Norddeutschland verschont), großen Meteoriteneinschlägen (weiterhin hoffentlich ebenso) und exzessiver Wegwerfgesellschaft. Neben vielem anderen ist der Mensch auch durch seine Müllberge zu einem erdoberflächenformenden (geomorphologischen) Faktor geworden.
 
Wer im Stadtsüden wohnte und unzählige Male an der 1973 in Betrieb genommenen Mülldeponie im Oldenburger Stadtteil Osternburg vorbeikam, konnte den Müllberg höher und höher wachsen sehen. Bis zur Jahrtausendwende hatte er sich zu einer – für Oldenburger Verhältnisse – gewaltigen Höhe entwickelt, deren Ausmaß besonders gut von Nordwesten von der Autobahnabfahrt Kreyenbrück aus zu sehen ist. Zuerst vor allem wegen des Geruches und der durch Sturmwinde und Möwen verteilten Gaben lästig, beeindruckt er nun durch seine Größe, und die Oldenburger betrachten ihren neuen Hausberg bereits mit Sympathie. Gerade weil nach der Betriebsstillegung 2003 eine Bedeckung mit Mutterboden ermöglichte, Gras über seine Inhalte wachsen zu lassen. Sicher auch, weil er ein Gemeinschaftswerk ist, zu dem jeder Stadtoldenburger in langen Jahren je nach individueller Leistungsfähigkeit seinen Teil beigetragen hat.
Unser Bio- und Sondermüll wird nunmehr in die neue Abfallbeseitigungsanlage an der Holler Landstraße am Ostrand der Stadt gefahren. Dorthin zog am 8.8.2009 auch die Wertstoffannahmestelle um, womit der Standort Osternburg seine letzte Entsorgungsfunktion verlor. Der städtische Restmüll gelangt nun auf die Deponie nach Mansie ins oldenburgische Ammerland, wo so allmählich ein neuer Berg entsteht, der wegen der verhältnismäßig jungen Mülltrennung allerdings langsamer wachsen dürfte als früher der Osternburger.
 
Gestalt und Namen
 
Dieser wurde nun in einen Stadtpark umgewandelt und am 2.10.2009 der Öffentlichkeit zur Nutzung als Freizeitgelände übergeben, die freilich von manchen Rücksichtnahmen auf weiterhin nötige technische Deponieeinrichtungen eingeschränkt ist (Vgl. unten Karte und Fotos). Beispielsweise ist der umgebende randliche Waldstreifen, der auf stabilisierenden Erdanschüttungen und nicht auf Müll steht, größtenteils (noch?) nicht zu betreten. Normalerweise würden sich in einem Landschaftspark Wald- und Freiflächen abwechseln, doch weil Baumwurzeln die unter der Humusdecke liegende (und in Randstreifen zuweilen hervorschauende) Abdichtungsfolie zerstören würden, können im Zentralbereich keine Bäume gepflanzt werden. Die dortigen weiten Grasflächen, die den Eindruck alpiner Matten oder des schottischen Hochlandes machen, werden aber durch einige Blumenbeete aufgelockert. Auffällig sind im Altfeld der Anlage die vielen ca. 1 m hohen „Narben“, die wie große Maulwurfshügel wirken und die Entlüftungen der Rottedeponie enthalten.
Die ca. 48 ha große Parkfläche, in der die ganze Oldenburger Fußgängerzone Platz hätte (!), besteht bei nun möglichem näheren Hinschauen nicht nur aus einer einzigen Erhebung sondern aus drei deutlich unterscheidbaren Hügeln, die den damit nicht verwöhnten Tieflandeingeborenen wie Berge erscheinen: Der jüngste, rechteckige und mit rund 28,15 m über NN höchste liegt im Norden. Er trägt die vom Oldenburger Peter Lederle vorgeschlagene Bezeichnung Osternburger Utkiek (Ausblick, plattdeutsch) und hat dem Parkgelände der „Osternburger Berge“ den offiziellen Namen gegeben. Oben auf dem Aussichtsplatz des Utkieks wurde ein entsprechendes Namensschild installiert, das man zugleich als Variante eines Gipfelkreuzes verstehen kann. Die plattdeutsche Bezeichnung symbolisiert bodenständig Gewachsenes, was für das einstige Dorf Osternburg allemal und für die Bergsubstanz durchaus auch zutrifft. Die im Namen enthaltene Ortsangabe ist räumlich korrekt, denn das Gelände gehört zum Stadtteil Osternburg – speziell zur Gemarkung der alten Bauerschaft, nicht nur zur weitergestreckten gleichnamigen politischen Gemeinde des 19. und 20. Jahrhunderts –, auch wenn das „gefühlte Kreyenbrück“ gleich südlich der Autobahnbrücke beginnen mag und der Ortsteilname Kreyenbrück auf manchen Stadtkarten aus Platzgründen auf das Deponiegelände gedruckt wurde.
Südlich schließen sich in einem sanften Bogen zwei weitere „Berghöhen“ an, denen der Verfasser zur Unterscheidung vom eigentlichen Utkiek und zur besseren Orientierung auf dem weiten Gelände eigene Namen gibt. Schon von Ferne fällt auf dem Gipfel des mittleren, von den Höhenlinien her runden Berges ein großes rotes Etwas ins Auge, das in Wirklichkeit eine Kletterwand ist, doch wie ein schräg in der Erde steckendes Herz aussieht. Auch weil dieser Berg in der Mitte der drei Erhebungen liegt, kommt einem sofort die Bezeichnung „Herzberg“ in den Sinn, was auf Plattdeutsch passend zum Utkiek Hartbarg heißt. Jedem der drei Berge haben die Landschaftsgestalter ein Thema zugeordnet und den Platz auf der Kuppe entsprechend gestaltet – bzw. werden es beim bis dato unfertigen Utkiek noch tun. Zusätzlich eine hohe Pergola aus Metall, die noch von Rankpflanzen begrünt werden soll, Sträucher in Kübeln und Sitzbänke stehen schon auf den anderen beiden Berghöhen. Als Besonderheiten sind auf dem Mittelberg das Kletterherz und auf dem Südberg zwei Schaukeln mit großen pyramidenförmig gestalteten Holzständern installiert. Diesen hoffentlich festgegründeten Berg deswegen als „Schaukelberg“ zu bezeichnen hieße, eine neuerliche Mülllawine heraufzubeschwören, ihn nur wegen der Form der Ständer „Pyramidenberg“ zu nennen wäre wohl übertrieben, zumal seine Bergkuppe eher ovale Form hat. Schlicht wie die anderen zwei Namen und sprachlich sowie landschaftlich besser passt dagegen „Südblick“ = plattdeutsch Südkiek, schaut man von dort doch am besten in den Stadtsüden. Mit seiner Position im Gelände steht dieser etwas niedrigere Berg aber hinter dem etwa 700 m entfernten Utkiek zurück, der mit nur 2 Kilometern Luftlinie näher an der Oldenburger Innenstadt liegt und ein abwechslungsreicheres Panorama bietet.
Entsprechend dieser Namensgebung bietet es sich auch an, die zum Betongebäude der ehemaligen Müllzerkleinerungsanlage führende gepflasterte Rampe im Westen des Parkgeländes mit „Bergplatz“ = Barg-Plaaz zu benennen, gerade weil sie selbst ein vierter kleiner Berg ist. Zwischen allen diesen Erhebungen liegt eine Vertiefung, in die man von allen Seiten hineinsehen kann, ein „Einblickstal“ also, plattdeutsch = Inkiek-Dal, das den Charakter einer Freilichtbühne hat. Dort wurde Ende Oktober 2009 mit Hilfe von schweren Baufahrzeugen noch kräftig aufgeräumt, nachdem man kleinere Betriebsgebäude hinter der Zerkleinerungsanlage abgerissen hatte. Man wird sehen, ob sich diese Bezeichnungen in Plattdeutsch oder Hochdeutsch auch für die Allgemeinheit als eingängig erweisen.
 
Geographische Beobachtungen
 
Die Kunstberge auf Müll, die erkennbar das Oldenburger Stadtbild bereichern, haben zu einer punktuellen Oberflächenumkehrung geführt. Vor Einrichtung der Müllanlage waren hier tiefliegende feuchte Moorwiesen, an die fast nur noch manche Straßennamen erinnern. Was die neuen Berge topographisch für das Stadtbild bedeuten, zeigt ein Vergleich mit den höchsten natürlichen Erhebungen der Umgebung. Die Gegend um die Straße Sieben Berge im Stadtnorden ist die höchstgelegene auf Oldenburger Stadtgebiet: mehr als 18,75 m über NN, höchster Messpunkt auf Karten 19,70 m. Sie ist Teil des Oldenburgisch-Ostfriesischen Geestrückens, einer (zuletzt) saaleeiszeitlichen Grundmoräne, die 125.000 bis 225.000 Jahre alt ist. Der bis zu 17,70 m hohe Große Wildenloh jenseits des westlichen Stadtrandes ist ebenfalls ein freilich sehr kleiner eiszeitlicher Geestrücken. Nacheiszeitlich und damit grob geschätzt 10.000 Jahre alt ist der langgezogene Flugsandrücken der Osenberge südlich der Stadt, der an der Stadtgrenze beim Sprungweg 9 m und auf der Steilen Wand in Sandkrug/Gemeinde Hatten 25 m über NN erreicht. Demgegenüber, es sei wiederholt, ist der größte der drei Osternburger Berge 28,15 m hoch. Wofür die Natur Abertausende von Jahren benötigt, schaffen auf kleinem Raum die Menschen mit ihrem Müll in drei Jahrzehnten.
Ob der neue „Bergkette“ auch kleinklimatische Auswirkungen haben wird, etwa auf das entstandene Straßental von Seggen- bis Bussardweg zwischen den drei neuen Bergen im Westen, die den Regen abhalten könnten, dem seinerseits künstlichen „Bergrücken“ der Bahnlinie im Osten und dem Sperrriegel der Autobahnbrücke über die Bahnhofsallee im Norden, lässt sich von den Anwohnern vielleicht genauer beobachten. Oben auf den Bergen ist es wiederum verhältnismäßig windig, was man als Stadtsüdoldenburger bisher nur im Vergleich mit der Geesthöhe im Stadtnorden kannte. Veränderungen der Tierwelt sind so signifikant wie vorhersehbar: Mitglieder der bekannten Art der Müllmöwen finden nach Abdeckung der Abfallberge weniger Nahrung und bleiben fort, sofern sie nicht zu gewöhnlichen Flussmöwen an Hunte und Küstenkanal mutieren. Auch das vom Verfasser einst entdeckte Reh am südlichen Abschlussgraben des Geländes wird hier keine neuen Nahrungsgründe finden, da es den Zaun zum Waldgürtel am Fuß der Berge gewiss nicht überwinden kann.
 
Ein Seh-Park
 
Der Homo videns (der schauende Mensch) dagegen findet auf den „Osternburger Bergen“ neue Jagdgründe. Denn so nützlich es für die Stadt und ihre Bewohner ist, durch den Bergpark neuen Freiraum, neue Spiel- und Freizeitflächen zu bekommen – die Hauptfunktion dieses Parkes ist die Versorgung der Menschen mit neuen Aussichten; ganz im wörtlichen Sinne, wie schon die Bezeichnung Utkiek zeigt. Luftbildaufnahmen sind deshalb so faszinierend, weil sie uns unsere Welt, oft unsere nächste Umgegend, im übersichtlichen Spielzeugformat zeigen. Ähnliches leisten Aussichtspunkte. Einen Hausberg mit Blick auf die Stadt kennt man bislang nur aus anderen Städten, etwa Barcelona. Oldenburg besitzt zwar einige hohe Bauwerke, von denen man weite Bereiche der Stadt und ihres Umfelds überblicken kann, diese sind aber nicht permanent und allgemein öffentlich zugänglich. So etwas wie ein Aussichtsberg hat deshalb einfach gefehlt.
Zwar ist auch er bzw. sind die drei Erhebungen noch nicht hoch genug, das Stadtgebiet mit seinen Straßenzügen genau zu erkennen. Einzelne markante Bauwerke und Panoramen sind aber sehr gut auszumachen, wobei man sich dann manchmal über perspektivische – rein optische – Nachbarschaften wundern kann. Ausschnitte von dem, was ringsum in der Stadt zu sehen ist, zeigen die nachfolgenden Fotos. Besonders beeindruckend ist, dass der Blick von den neuen Berghöhen zum Teil weit über die Stadtgrenzen hinausreicht (Kilometer gerundet):
 
Aufzählung
im Norden bis zum Fernsehturm in Wahnbek kaum jenseits der nördlichen Stadtgrenze auf dem erwähnten ansteigenden Geestrücken, 9,5 km vom Utkiek entfernt,
Aufzählung
im Westen bis zum 6,5 km entfernten Wald des Wildenloh, Gemeinde Edewecht,
Aufzählung
im Südwesten 8 km bis zu den ebenfalls bewaldeten Höhen der Gemeinde Wardenburg (um den Tüdick) bei der Autobahnraststätte Huntetal,
Aufzählung
im Nordosten, wo kein Geestrücken die Fernsicht verstellt, 21 km bis zu Industrie- und Hafenanlagen an der Weser in Bremen-Farge.
Aufzählung
Im Südosten versperrt wieder die ansteigende Geest den Blick, der darum nicht bis zum Rathausturm von Delmenhorst oder in die Bremer Altstadt mit ihrem Dom gelangt, sondern immerhin bis zum 17,5 km entfernten sehr hohen Rundfunk-Sendemast von Steinkimmen, der als dünne rot-weiße Linie auszumachen ist und südlich des Hasbruch-Waldes zwischen Hude und Ganderkesee steht.
 
Zur Orientierung in- und außerhalb der Stadt wäre eine Windrose hilfreich, die man zumindest auf dem Utkiek anbringen könnte, und Hinweisschilder auf Orte im Sichtkreis mit Entfernungsangaben. Einfache Anhaltspunkte bieten den Sehlustigen der unverkennbare Wahnbeker Fernsehturm, der genau im Norden steht, und der schlanke weiße Spitzturm der St. Josef-Kirche in Oldenburg-Klein Bümmerstede, der vom Utkiek aus nur ein wenig zu weit „rechts“ (also südwestlich) außerhalb einer exakten Südlinie steht.
Zweifellos gehört der Osternburger Bergpark zu den Orten in der Stadt Oldenburg, die man als Einwohner unbedingt besucht haben muss. Vielleicht denken Stadttouristen genauso darüber und sehen sich dort gerne bei uns um.
 
Weiterer Ausbau
 
Der Ausbau des Parkgeländes und seiner Umgebung ist Ende 2009 noch nicht abgeschlossen. Bislang bestehen zwei alte Einfahrten im Westen und zwei neu errichtete Zugänge im Norden und Osten, die von umgebenden Wanderwegen über eine Treppe bzw. eine Rampe nach oben führen. Ein weiterer solcher Zugang ist für 2010 oder 2011 im Süden vorgesehen, der vom Sperberweg abgehen und an der Ostgrenze der dortigen Kleingärten entlang führen wird. Außerhalb des Deponiekörpers wohl im Nordwesten des Geländes soll ein Sport- und Freizeitgelände entstehen, was aus technischen und finanziellen Gründen frühestens in fünf Jahren geschehen kann.
Daneben wird erwogen, auf der Hochfläche des Utkieks eine zusätzliche ca. 12 m hohe Aussichtsplattform zu errichten, eine begehbare Skulptur in Form eines Schiffskörpers. Das wäre nicht nur wünschenswert, weil trotz der Berghöhe die ringsum wachsenden hohen Bäume teilweise noch die Sicht behindern (Das vielzitierte Wort hat Recht, Oldenburg ist wahrlich eine grüne Großstadt, wie der Rundblick zeigt.) Es wäre auch sehr originell, denn ein großes Schiff auf einem hohen Berg hatten wir zuletzt bei Noah in alttestamentarischen Zeiten. Dann könnte man diese höchste Erhebung auf Stadtgebiet scherzhaft auch Osternburger Ararat* nennen. Das Schiff wäre in dem Fall vermutlich nur paarweise zu betreten. Wir wollen hoffen, dass dann das Wetter frei von Oldenburger Sintflutregen bleibt und einen schönen Blick auf die Umgebung erlaubt.

(* Nach dem Berg in der heutigen Osttürkei, wo laut Bibel Noahs Arche nach der Sintflut strandete.)
 
Optischer Spaziergang
 
Das Freizeitgelände der „Osternburger Berge“ ist vor allem für die Sportarten Spazierengehen und Kucken geeignet. Zum Training folgen Abbildungen für einen optischen Rundgang in diesem Seh-Park.
Fotos: Martin Teller, Nr. 1-8, 18, 19, 21: wolkenverhangener 5.10.2009, Nr. 9-17, 20: sonniger 21.10.2009.

 
Im neuen Bergpark

 

1.) Hauptzufahrt des früheren Müllwerks in Verlängerung der Eidechsenstraße, Blick nach Südosten auf die nun geschlossenen Entsorgungsgebäude.
 
 

2.) Übersichtstafel des jetzigen Freizeitgeländes, Grasflächen auf abgedeckten Müllbergen (grau), umgeben vom baumbestandenen „Ringwall“ der randlichen Einfassung (grün). Der rechteckige, höchste und innenstadtnächste Berg oben (im Norden) mit der besten Fernsicht ist der Ausblick/Utkiek (hochdeutsch/plattdeutsch). Den rundlichen Berg in der Mitte rechts nennt der Verfasser Herzberg/Hartbarg, und den ovalen unten Südblick/Südkiek. Links am gepflasterten Bergplatz/Barg-Plaaz (weiß) befinden sich die früheren Entsorgungsgebäude. Zwischen Platz und Bergen liegt das Einblickstal/Inkiek-Dal (grau). Im Nordwesten oben links ist die zweite jüngere Einfahrt zu sehen, zwischen beiden Zufahrten eine asphaltierte Verbindungsstraße, die nun das Wegenetz des Bergparks erweitert und auch als Parkplatz genutzt wird. Plan: Stadt Oldenburg, Foto und Bearbeitung: Martin Teller, Oktober/November 2009.
 
 

3.) Die alte Müllverkleinerungsanlage, ein bunkerähnliches Betongebäude, liegt auf einer angeschütteten Rampe – fast ein vierter kleiner Berg (auch daher: Bergplatz) – und schließt die „Berglandschaft“ nach Westen hin ab.
 
 

4.) Letzte Aufräumarbeiten im Einblickstal zwischen der Müllanlage und den drei Bergen (links jenseits des Fotorandes das Betongebäude, hinten im Osten der Herzberg).
 
Auf dem Weg zum Utkiek

 

5.) Aufstieg zum Utkiek von Westen. Oben auf dem Plateau des Berges ist ein Schild zu sehen mit der Bezeichnung „Osternburger Utkiek“ – das Äquivalent zu einem Gipfelkreuz in den Alpen.

 

6.) Die weiterhin erforderlichen technischen Betriebsanlagen beiderseits des Utkieks werden durch Zäune geschützt, um die hier auf der Westseite ein neuer Wanderweg herumführt.

 

7.) Die Aufräumarbeiten im „Inkiek“ von Norden her. Rechts das große Betongebäude der ehemaligen Müllverkleinerungsanlage.

 

8.) Die drei Osternburger Berge auf halber Höhe von Westen: links der Abhang des Utkieks, geradeaus der Herzberg, rechts hinten angeschnitten der Südkiek mit einem pyramidenartigen Ständer der dortigen Schaukel. (Von derselben Stelle auf diesem „Bergweg“ fotografiert wie Nr. 7.)

 
Utkiek-Fernsichten
 

9.) Auf dem Utkiek mit Blick nach Süden. Genau in der Mitte des Horizontes zwischen den Menschen eben zu erahnen ist das antennenbestückte Dach des Schwesternwohnheims an der Klingenbergstraße. Von der Bergkuppe aus gut zu sehen ist auch die St. Michael-Kirche an derselben Straße. Die glänzenden Flächen hinten rechts sind die Dächer des Klinikums Oldenburg. Rechts davon auf dem Berg steht dessen Namensschild, weiter war seine Oberfläche im Oktober 2009 noch nicht gestaltet.

 

10.) Der Oldenburger Kirchturmblick Richtung Nordnordwest zur Innenstadt, die zentrale Blickrichtung auf dem Utkiek mit ca. 2000 m Luftlinie bis zur Lambertikirche in der linken Horizontmitte. Der Sichtwinkel geht von den Baumkronen des Schlossgartens am linken Fotorand bis rechts zur 2009 fertiggestellten Zentrale der Landessparkasse (LzO) am neuen Berliner Platz nördlich des Hauptbahnhofs, dessen Turm weiter zur Innenstadt hin steht (über dem rot-weißen Messbrunnen am Bergrand).

 

11.) Ein etwas herangezoomtes Foto zeigt den Sichtwinkel von der grauen Theaterkuppel am linken Horizont bis rechts zum ziegelroten Hochhaus der Landesversicherungsanstalt (LVA) an der Huntestraße, einem weiteren vom Versorgungsunternehmen EWE genutzten ebenfalls roten Hochhaus an der Moslestraße, und den weißen Gebäuden der Oldenburgischen Landesbank (OLB) am Stau. Zwischen Theater und dem (seit dem Orkan 1972 verkürzt wiedererrichteten) Turm der St. Peter-Kirche schaut beinahe konspirativ hinter Bäumen versteckt die Polizeizentrale am Friedhofsweg hervor. In der rechten Bildmitte unter den Baukränen des ECE-Centers („Schlosshöfe“) sind der Postturm der früheren Hauptpost am Innenstadtring und perspektivisch davor der bläulich schimmernde „Aktensilo“ des Staatsarchivs am Damm beim Küstenkanal zu sehen. Vorne ungezoomt kaum sicht- und schon gar nicht greifbar dünne Linien von Stromleitungen, deren Trasse im Norden um den Utkiek herumführt.

 
 
12.) Der Anblick lohnt einen dritten Zoom, der die Turmlandschaft des näheren Innenstadtbereichs zeigt. Von links nach rechts: der weiße moderne „Presseturm“ der Nordwest-Zeitung (NWZ) an der Peterstraße, sechs der neun großen und kleinen Türme der Lambertikirche, optisch dazwischen die beiden größten des Alten Rathauses am Lambertimarktplatz mit dem Dach über dem Großen Rathaussaal, gleich rechts davon der Turm der Garnisonkirche an der Peterstraße, weiter der gelbe Rundturm des Schloßsaaltraktes, dann der eckige gelbe Hauptturm des Schlosses (nebst dem Lappan und dem längst abgebrochenen Bergfried im Schlosshof höchstes Gebäude in Oldenburg bis zum ersten Turmbau von St. Lamberti 1875/76), unter dem Gewichtende des Baukrans hinter einem Haus hervorragend die Turmspitze des Lappans mit golden leuchtendem Wetterhahn, und zwischen den beiden letzten Türmen tiefer im Bild ist die kupfergrüne Haube der Osternburger Kirche an der Cloppenburger Straße zu entdecken.

 

13.) Konnte man den nördlichsten Müllberg am besten vom Stadtring der Autobahn 28 aus wachsen sehen, ist nun der umgekehrte Blick nach Westen möglich. Unter der optisch breitesten Stelle der Autobahn läuft die Cloppenburger Straße hindurch, dahinter zweigt links die Abfahrt Oldenburg/Kreyenbrück ab. Zwischen dem rot-weißen Hochhaus des Studentenwohnheims an der Huntemannstraße und dem rot belaubten Baum kann man hinten die Dachkonstruktion des Marschwegstadions und davor (unter dem Handymast) ein Stück der langen Brücke des Niedersachsendammes über Osternburger Kanal, Neue Hunte, Küstenkanal und Mühlenhunte sehen.

 

14.) Die turmartigen Gebäude der nordwestlichen Stadt: in der Mitte die graue Theaterkuppel, rechts davon rot-weiß im Hintergrund der Schornstein eines Heizwerkes auf dem früheren Oldenburger Militärflughafen in Bürgerfelde/Alexandersfeld, am rechten Bildrand über Laubkronen kaum noch sichtbar der rot-weiße Sendemast auf dem Polizeigebäude am Friedhofsweg. Am Horizont unter dem Baukran ist der markante Turm der Alten Fleisch- und Wurstwarenfabrik (Fleiwa) zu sehen, auf deren Gelände sich u.a. das Technische Rathaus der Stadt und das Oldenburger Forschungs- und Entwicklungsinstitut für Informatik-Werkzeuge und -Systeme (OFFIS) befinden. Das langgestreckte Gebäude mit dem schwarzen Dach und dem kupfergrünen Turmaufsatz ist das Amtsgericht, das am linken Gebäuderand einen weiteren Turm zeigt, und dessen jüngere Anbauten z.T. mit rotem Dach die Bildmitte dominieren. Beim linken Bildrand sieht man den kleinen Turm eines Privathauses Ecke Elisabethstraße/Gerichtsstraße, dahinter wiederum die Bäume des Schlossgartens, der hinter der Elisabethstraße jenseits der Mühlenhunte liegt.

 

15.) Perspektivisch „nebeneinander“ liegen auch die markanten Baulichkeiten in nordnordöstlicher Richtung, die in Wirklichkeit weit auseinander stehen: die beiden Schlote von der Firma Peguform auf dem früheren Glashüttengelände an der Stedinger Straße in Drielake, rechts davon unverkennbar der stadtbildprägende Wasserturm von Donnerschwee, der von fast überallher zu sehen ist, dann als Schattenriss am Horizont die Ohmsteder Kirche.

 

16.) Eines der hohen weißen Gebäude mit den schwarzen Dächern ist bereits auf dem vorigen Foto zu sehen, das gleichfalls in nordnordöstliche Himmelsrichtung zeigt. Es handelt sich um Lagerhäuser des Bundeswehrkomplexes auf dem Gelände der früheren Dragonerkaserne in Osternburg. Trotz ihrer bis unter die Dachspitze sieben Stockwerke erscheinen sie klein gegenüber dem großen Getreidesilo am Stau jenseits der Hunte, neben dessen rechter Seite ein Faulturm des Klärwerks an der Ecke Stau/Wehdestraße durch die Baumkronen schimmert.

 
 
17.) Weniger Gebäude lassen sich auf der Ostseite erkennen, deren hier eindrucksvolle Bewaldung vom Boden aus nicht so dicht erscheint wie von schräg oben. Die traditionell wirkende Windmühle ist kein historisches Gebäude sondern ein moderner Gewerbebau, der an der Ecke der Gerhard-Stalling-Straße zur Bremer Heerstraße und damit mitten im ausgedehnten Gewerbegebiet Tweelbäke steht. Weil die dortigen Gebäude teils beeindruckende Ausmaße aber meist keine besonderen Höhen erreichen, bleiben sie während der Belaubung den Blicken der Osternburger Bergwanderer verborgen.
 

 
Hartbarg und Südkiek

 

18.) Die Kirsche in Nachbars Garten ist in diesem Falle das rote „Herz“ auf dem Nachbarberg, dem mittleren der drei umgestalteten Müllberge. Mehr Bepflanzung als kleine Beetstreifen war wegen des sensiblen Untergrundes nicht möglich – was immerhin die Sicht frei hält. Eingestreut zwischen all das „Hochlandgras“ liegen sie im zentralen Wegestern und an den Berghängen, wie auch rechts hinten am Südkiek, auf dem eine Schaukel mit zwei pyramidenförmigen Ständerkonstruktionen installiert ist. Auf den beiden kleineren Bergen steht außer Sitzbänken auch je eine hohe Metallpergola, die von Rankpflanzen begrünt werden soll.

 

19.) Ein scheinbar schräg in der Erde steckendes „Herz“ auf dem Herzberg: Außer Klettergerät für Oldenburger aller Altersstufen auch ein künftiger Treffpunkt für Verliebte?

 

20.) Auf dem Südkiek – mit Blick zurück nach Norden. Man kann von dort das ganze Panorama der nordwestlichen bis -östlichen Stadt überblicken und viele Gebäude wiederentdecken, sofern man überhaupt einen Blick für Details hat – genau über dem Utkiek befindet sich das hohe Kreuz des Fernsehturms von Wahnbek, etwas rechts unterhalb am Abhang die rote Haube des Wasserturms am Stau (in dieser Bildauflösung nicht sichtbar) –, falls man nicht lieber den Gesamteindruck auf sich wirken lässt:
Die Erhebung des Südkieks ist etwa 700 m Luftlinie von der Utkiek-Höhe entfernt, das entspricht der Entfernung vom Schloss zum Lappan und damit einem Längsschnitt durch den historischen Oldenburger Innenstadtkern! Hier bekommt man einen Eindruck von den doch beachtlichen räumlichen Dimensionen unserer historisch eher kleinen Stadt.
Die Seile der zwei Schaukeln sind miteinander verbunden und schwingen so ein wenig willkürlich. Beim Schaukeln auf dem Südkiek hat man daher das Gefühl, als würde man vogelgleich im Wind über die Berge und die Stadt hinwegschweben.

 

21.) Die Südseite des Südkieks. Krönen zwei Pyramiden und ein Tempel seinen Gipfel? Nein, die Wegwerfmentalität unserer Konsumgesellschaft ist der Gipfel. Wir können für ihren Überfluss aber auch dankbar sein, sogar – wie wir ehrlich zugeben wollen – für ihre umgewandelten Müllberge.

 
Es ist sehr zu empfehlen, bei günstigem Wetter mit Fotoapparat oder Fernglas bewaffnet selbst eine Bergwanderung auf den Utkiek und die anderen beiden Osternburger Höhen zu unternehmen. Dort lässt sich inmitten der Großstadt ein grandioses Gefühl von Weite, Ruhe und Freiheit erleben – und erkennen, wie erstaunlich weit Oldenburger Horizonte sein können.
 
Martin Teller, 16.11.2009

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