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Der Wechsel zwischen dem 2. und 3. nachchristlichen Jahrtausend (Millennium) bzw. zwischen dem 20. und 21. Jahrhundert vollzog sich in der Silvesternacht zwischen den Jahren 2000 und 2001. Nicht schon ein Jahr eher von 1999 auf 2000, auch wenn dies der Wechsel von einer neun auf ein "volles" Jahr(tausend) und vorne die neue 2 statt der 1 suggeriert. Abgrenzungen Die Begründung besteht darin, daß es kein "Jahr 0"
gibt, selbst wenn diese eingängige Bezeichnung durchaus auch von
Historikern verwendet werden kann, um die Zeitwende markant hervorzuheben. Doch
auf das Jahr
eins vor Christi Geburt ("minus 1") folgt unmittelbar das Jahr
eins nach Christi Geburt ("plus eins"). D.h., das erste Jahr des
ersten Jahrhunderts nach Christus beginnt mit einer eins; eben das
Jahr eins. Da ein Jahrhundert naturgemäß hundert Jahre umfaßt, ist
nach der eins also weiter bis hundert zu zählen, bis hundert Jahre
erreicht sind. Das Jahr 100 n. Chr. schließt also das erste
nachchristliche Jahrhundert ab, nicht etwa das Jahr 99. Das gilt
dementsprechend auch für die Jahre, welche die Jahrtausende abschließen:
das Jahr 1000 n. Chr. beendet das erste nachchristliche
Jahrtausend, das Jahr 2000 n. Chr. das zweite nachchristliche
Jahrtausend; das dritte beginnt mit dem 1. Januar 2001. Vor Christus geht es nämlich genau andersherum (weshalb die Jahrhunderttabelle so hilfreich sein kann)! Auch hier müßten wir korrekterweise eigentlich entlang der Zeitschiene erklären, also vom älteren zum jüngeren Jahr. Zur Verdeutlichung wollen wir aber zuerst rückwärts zählen, um wiederum auf hundert Jahre zu kommen: So gesehen ist das Jahr "minus eins" bzw. 1 v. Chr. das erste (eigentlich letzte) Jahr des ersten vorchristlichen Jahrhunderts, das natürlich mit der Zahl 100 oder dem Jahr 100 v. Chr. abschließt (eigentlich anfängt). "Richtig herum" betrachtet, also entlang der chronologischen Folge (bzw. mit dem Zeitfluß), beginnen demnach im vorchristlichen Zeitbereich die Jahrhunderte mit einem "Nulljahr" und enden mit einem "Einerjahr" (1. Jh. v. Chr. = von 100 v. Chr. bis 1 v. Chr.) – hier tragen die Jahrhundert-eröffnenden Jahre die Null(en) und schließen immer mit einer eins an der letzten Stelle, während dies im nachchristlichen Zeitbereich umgekehrt ist! Eine neun taucht aber auch hier weder im Beginn- noch im Enddatum eines Jahrhunderts auf. – + Verwirrend für diejenigen, die sich lediglich rasch orientieren wollen, in welchem Jahrhundert sie sich mit einem bestimmten Geschichtsjahr befinden? Nun, dafür wurde die untenstehende Jahrhunderttabelle erstellt. Tabellen-Lesebeispiele Beispielsweise fällt das Jahr 1234 n. Chr. (Merkdatum für die Niederlage
der Stedinger Bauern bei Altenesch gegen ein Kreuzfahrerheer) ins 13.
Jahrhundert, wie in der entsprechenden Tabellenzeile zu erkennen ist.
(Ohne daß in diesem Datum vorne eine 13 steht, weil wie oben erläutert
im nachchristlichen Zeitbereich die namengebende Zahl erst im
abschließenden Jahrhundertjahr auftaucht.) Merkhilfen des Verfassers, wenn Sie die Jahrhunderttabelle nicht vor sich haben: Mitteljahre der Jahrhunderte Jahresdaten inmitten der Jahrhunderte enthalten die "Kennzahl" ihres Jahrhunderts a) noch nicht, wenn sie in den nachchristlichen Bereich fallen, und b) nicht mehr, wenn sie im vorchristlichen Bereich liegen. Beispiele: 1234 n. Chr. = 13. nachchristliches Jahrhundert, 1234 v. Chr. = 13. vorchristliches Jahrhundert. Die vor- und nachchristlichen Jahresdaten liegen "spiegelbildlich" auf der Zeitschiene. Z.B. fällt das Jahr 250 immer ins 3. Jahrhundert, ob nun ins vor- oder nachchristliche. Jahrhundert-Bestimmungshilfe per Jahreszahl Ein
nachchristliches Jahrhundert
– also der
auf der Zeitschiene positive Bereich vom Jahr "+1" bis zur Gegenwart
– läßt sich
leicht bestimmten, indem man zu der/den vorderen Ziffer/n einen
Zähler hinzuaddiert. Bei dreistelliger Jahreszahl zur ersten Ziffer
(z.B. 4|76, 4 + 1 = 5. Jh. n. Chr.), bei vierstelligen zu den ersten
beiden (14|92, 14 + 1 = 15. Jh. n. Chr.). Bei ein- oder zweistelligen
Jahreszahlen befindet man sich ohnehin immer im 1. Jahrhundert. Diese
Methode läßt sich freilich nicht bei den Schlußjahren anwenden, welche
die Nullen tragen, denn sie sind bereits selbst Bestimmungsjahr ihres
Jahrhunderts (z.B. 800 = Ende des 8. Jh. n. Chr.). Jahrhundert-Bestimmungshilfe per Jahrhundert-Zahl Noch eine praktische
Orientierungshilfe: Wenn nur die Jahrhundert-Zahl bekannt ist, zwei
Null-Stellen dahinter fügen und dann für das restliche Jahrhundert
99
Jahre zurückzählen. Diese Methode funktioniert sowohl im
vor- und im nachchristlichen Bereich.
Beispiele: "15. Jh. n. Chr.": 15 mit 00 = 1500, minus 99, d.h. das 15.
Jahrhundert n. Chr. beginnt 1401. – + Bezugspunkt Die Methode der Zeitrechnung nach Christi Geburt – also unsere gängige Kalenderordnung – wurde erstmals von Dionysius Exiguus angewendet, einem in Rom lebenden skythischen Mönch, der geistliche Schriften herausgab und aus dem Griechischen ins Lateinische übersetzte. In seinen Ostertafeln vom Jahr 532 hat er anhand von Vergleichswerten der Herrscherjahre römischer Kaiser zum ersten Mal das Jahr "seit Fleischwerdung des Herrn" berechnet. Unter dem Einfluß der Kirche setzte sich diese Sicht- und Datierweise ab dem 8. (natürlich nachchristlichen) Jahrhundert allmählich in Europa durch. (Testfrage: Das in welchem Jahr begann und mit welchem endete ?) In europäischen Ostblock-Ländern, wo jeder Gottesglaube offiziell ignoriert wenn nicht verfolgt wurde, war der Bezug der gängigen Datierweise auf Christi Geburt lästig. Um diese Tatsache zu verbergen bzw. wegen atheistischer oder andersgläubiger Weltsicht etlicher Autoren verwendete man und verwenden viele noch immer stattdessen die Begriffe "nach/vor der Zeitrechnung" mit den Abkürzungen n.d.Z. für den nachchristlichen Zeitraum und v.d.Z. für den vorchristlichen (entsprechend der jeweiligen Landessprache). Man kann diese Begriffe selbstverständlich auch schlicht als Synonym für "v. Chr." und "n. Chr." begreifen. – + Kalenderprobleme So klar und eindeutig wie sie erscheint (wenn man sie erst einmal verinnerlicht hat), ist unsere Datierweise aber gar nicht. Für die ältere Zeit vor Christi Geburt ist sie ohnehin nur ein nachträgliches Konstrukt. Ihre theoretische Grundlage wird noch dadurch kompliziert, daß gar nicht genau bekannt ist, in welchem Jahr Christus denn nun wirklich geboren wurde; jener Mönch hat sich bei der Datierung etwas vertan, doch um wieviel, ist in der Forschung umstritten. Tatsächlich wird der historische Jesus irgendwann in den Jahren 4 bis 8 vor dem Jahr geboren worden sein, auf das man sich als das erste Jahr unserer Zeitrechnung geeinigt hat (also paradoxerweise einige Jahre "vor seiner eigenen Geburt"). Das ist aber nicht tragisch, denn für die funktionierende Kalenderordnung ist allein ein Fixdatum ausschlaggebend, und das besteht mit dem Jahr 1 n. Chr. definitiv, wie historisch zweifelhaft seine "Geburtsanzeige" auch immer ist, die in dieses Jahr fallen soll. Außerdem ist der religiöse Inhalt des Lebens Jesu gar nicht von einem bestimmten Geburtsjahr abhängig, dessen Datierungsmöglichkeiten ohnehin nur in sehr schmaler Bandbreite schwanken. Bedeutend können sich bei historischer
Datierungsarbeit aber
unterschiedlich gesetzte Jahresanfänge auswirken. Unser moderner
Jahresbeginn am 1. Januar ist nur eine von vielen Möglichkeiten, den
Jahreswechsel festzulegen. Das christliche Mittelalter kannte neben dem
1.1. noch fünf weitere: a) den Tag der Verkündigung Marias am 23.3., b)
den 1.3. als kalendarisch fixierter Frühlingsanfang, c) der Ostertermin
– der wegen
seiner Schwankungen zwischen März und April besonders schwer zu
überschauen ist, d) den 1.9. als kalendarisch fixierter Herbstbeginn, e)
den 25.12., den Weihnachtstag (der 24.12. ist lediglich der
Weihnachts-vorabend). Ungeachtet all dieser theoretischen Probleme und regionalen Unterschiede gilt im geschichtlichen Rückblick und Vergleich aber immer unser moderner Kalender mit Jahreswechsel am 1.1., an dem wir uns bei der Reise in die Vergangenheit orientieren. Den wir also zurückprojizieren und als Raster über die so verschiedenen historischen Kalender legen, und dessen Grobschema die nachfolgende Tabelle abbildet. So gelangen wir nicht nur doch noch zu einer im wesentlichen unstrittigen Chronologie des Mittelalters, damit können wir auch älteste Zeiten datieren, denen jeder zeitimmanente Bezug zum christlichen Fixdatum fehlt, weil es den frühen Menschen der Vor-Christus-Epochen gewiß nicht eingefallen wäre, sich auf ein Ereignis zu beziehen, dessen zukünftiges Eintreten sie nicht ahnen und das in ihrem Leben, in ihren Kalendern, keine Rolle spielen konnte.
Epochen der Geschichte Europas. (Zeichnungen: diverse Nachschlagewerke und Schulbücher, Flashgraphik: Martin Teller 4.1.2008.)
Die nur schematisch zu verstehenden Epochengrenzen (sie waren in
der Regel
Übergangszeiträume) dienen der ungefähren Orientierung. Gerade die
"Metallzeiten" gelten so nur für Europa, verschieben sich für asiatische
und nordafrikanische Kulturen in ältere Perioden hinein (also "zeitlich
rückwärts").
Oben wurde mit der Computerzählweise schon ein Gegenbeispiel zur Jahrhundertdatierung genannt, die immer mit einem "Einerjahr" beginnt und mit einem "Nulljahr" endet (bzw. v. Chr. umgekehrt). Nun soll ein weiteres Gegenbeispiel folgen, das jeden persönlich betrifft: die Zählweise der Lebensjahre. Hier gibt es ein
"Jahr Null", nämlich die Zeit der ersten Lebensmonate. (Wenn es
methodisch zweckmäßig erscheint, datieren Historiker auch Babys.)
Solange der erste Geburtstag noch nicht erreicht ist, ist man folglich
"null Jahre" alt, was die Bezeichnung "Jahr 0" rechtfertigt. In dieser
Zeit wird nach tatsächlich erreichtem Alter gerechnet, nach den ersten
Lebenswochen und Monaten. Zwölf von letzteren machen zusammen naturgemäß
das erste Lebensjahr aus. Genauer betrachtet: Ein Jahr besteht aus 365
oder 366 Tagen, ein neues beginnt stets einen Tag nach dem Ablauf des
alten (z.B. wenn ein Zähl- (nicht Datums-)jahr vom 1.5. des aktuellen
bis zum 30.4. des folgenden Datumsjahres läuft, dann beginnt das neue
Zähljahr am
1.5. des Folgejahres).
Der langen Schreibe kurzer Sinn besteht im Vergleich zur Jahrhundertdatierung: Bei der Zählweise der Lebensjahre stehen die Null-Jahre nicht am Ende der Perioden wie im nachchristlichen Bereich, sondern am Anfang, wie im spiegelbildlichen vorchristlichen Bereich. Im Gegensatz zu dort wiederum enden die Lebensperioden natürlich nicht mit einer 1 in der Jahreszahl, denn es wird ja niemand jünger, sondern regelmäßig mit einem Neuner-Jahr. Der Unterschied zur Jahrhunderttabelle ist nur möglich, weil eben beim Lebensalter das Null-Jahr mitgezählt wird. Ihrem Namen gemäß bilden auch die Lebensjahrzehnte 10er-Abschnitte, nur laufen diese nicht von 1 bis 10 oder von 10 bis 1 wie bei der Jahreszählung, sondern genau betrachtet von 0 bis 9, wenn man die 10er, 20er usw. Jahre als zehnjährige Wiederholung des ersten "(Sch)Nuller"-jahres begreift. Vermutlich erklärt die Ähnlichkeit der Lebensaltersneun, die stets an letzter Stelle einer Lebensdekade steht, mit der – im Jahr 1999 optisch durch Dreifachwiederholung noch betonten – Datumsjahresneun den vielfachen Irrtum bei der Millenniumsgrenze, auch wenn eine Jahresneun wie dargelegt stets an unprominenter Stelle inmitten der Zahlenreihe und nie am Ende einer Jahresdekade steht. Manche Menschen werden unwillkürlich die gewohnte Lebensjahrzählweise auf die der Zeitrechnung übertragen haben und wollten so das 2. Jahrtausend und das 20. Jahrhundert ein Jahr zu früh enden lassen. (Das kann freilich nicht für diejenigen gelten, die wiederum irrtümlich annehmen, das Jahr mit der Null schließe ein Lebensjahrzehnt ab, anstatt es in Wahrheit zu eröffnen.) Es werden schlichtweg viele Zeitgenossen so sehr mit dem jeweils gegenwärtigen Tag und Jahr beschäftigt sein, daß sie nie darüber hinaus in Zeit und Ewigkeit schauen, deren zahllose Jahre letztlich nur mit Jahreszahlen benannt werden können. Abschließend sei festgehalten, daß bekanntermaßen das jeweilige Lebensalter erheblich vom gefühlten Alter abweichen kann. Ein "gefühltes Jahrhundert" mit freier Datumsfestlegung gibt es demgegenüber nicht; vielleicht noch in individueller Erinnerung, nicht aber im Maßwerk der geschichtswissenschaftlichen Zeitrechnung. Martin Teller, 19.-21.4.2006
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