Das Oldenburger Wunderhorn

Straßenforschung

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Forschungsaspekte
 
Auch wenn wir darüber heute größtenteils nur mutmaßen können, werden die ältesten unserer Straßen noch aus alten Wildwechselpfaden entstanden sein. Sie waren damit anfänglich originärer Bestandteil der Naturlandschaft. Mit Gebäuden und Feldfluren zählen sämtliche Infrastruktureinrichtungen und damit heute auch alle Straßen aber zur Kulturlandschaft; d.h. sie gehören zu den Gebieten, die der zivilisationsbildende Mensch im Laufe seiner Existenz durch vielfältige Eingriffe (absichtlich, planvoll oder eher beiläufig) aus der vorhandenen Natur gestaltet hat – und das ist abgesehen von den Extremklimazonen mittlerweile so gut wie jeder Quadratmeter.
 
Wege und Straßen spielen eine große Rolle in der Geschichte: als Jagd- und Wirtschaftswege, zur Verbindung zwischen Nachbarn, Stämmen, Völkern, Staaten, Kulturen. Über sie wurden Handel wie Händel gleichermaßen ausgetragen, breiteten sich kulturelle Errungenschaften und landnehmende Siedlergruppen genauso aus wie einfallende Barbaren und Seuchenzüge.
 
Insofern hat die Geschichtsforschung reichlich Anlaß, ihre Aufmerksamkeit auch auf die Straßen zu richten, wobei sie z.B. Nah- und Fernwirkungen, Gründungszusammenhänge und auch die Art der Ausführung untersuchen kann. Wegen der Lagebezüge ist aber auch die Geographie tangiert, und gelegentlich sogar die Ökologie, z.T. schon bei den landschaftlichen Auswirkungen eines Straßenbaus, oder wenn es sich – wie in Stadt und Land Oldenburg – um aufgegebene Eisenbahntrassen mit auflaufender Vegetation handelt, die wie die dortige Fauna leicht importiert worden sein kann.
 
Das Interesse des Verfassers an den Straßen erstreckt sich gegenwärtig vor allem auf deren Rolle als Teil und Anhaltspunkt der fortschreitenden Siedlungs- und Landschaftsentwicklung. Ein engerer Bereich dieses Arbeitsfeldes ist die Straßennamenforschung (Hodonomastik), die Ergründung der Namensbedeutung, woraus sich wiederum oft Schlußfolgerungen über die Genese der umliegenden Flur bzw. Siedlung ableiten lassen. 
 
Straßennamen
 
Gewissermaßen ein Nebenprodukt daraus und bis jetzt merklich öffentlichkeitswirksamer ist die fachliche Beratung der Stadt Oldenburg und gelegentlich auch schon von Immobilienfirmen, wenn neue landschaftlich-historisch passende Straßennamen gefunden werden sollen. Auch so etwas zählt zu den Aufgaben des Historikers.
 
Dabei kommen unterschiedliche Bezüge vorzugsweise in Betracht: vor allem alte Flurnamen, die sonst leicht in Vergessenheit geraten; alte oder gegenwärtig immer noch prägende Landschaftsmerkmale, Gebäude und andere bauliche wie institutionelle Einrichtungen, Gebräuche und Gegenstände, kulturell wichtige Tier- und Pflanzenarten; zu erinnernde Ereignisse der Geschichte des eigenen Ortes; historische Persönlichkeiten vorzugsweise regionaler oder lokaler Bedeutung oder alteingesessene Familien, wenn sie für die Stadt bzw. ihr Dorf und heutigen Stadtteil eine besondere Rolle gespielt haben.
 
Auf die auch in Oldenburg so beliebten "sonstigen Namen" – darunter zahlreiche zweifelsfrei verdiente historische Persönlichkeiten, die freilich Oldenburg nie betreten (z.T. vermutlich nicht einmal von dessen Existenz gewußt) haben – ließe sich immer noch zurückgreifen, wenn sich an einer Stelle partout kein originärer Bezug zu dem Ort finden sollte, dessen dauerhafter Bestandteil die neuen Straßen immerhin sein werden.
 
Wenn sich die Namen neuer Straßen den geschichtlich gewachsenen Gegebenheiten anpassen, werden sie in unseren Ortsbildern nicht so sehr als Fremdkörper empfunden. Sie tragen dazu bei, der Siedlungslandschaft ein individuelles Gesicht zu geben, gerade weil sie weniger leicht austauschbar sind (im Gegensatz zu den allerorten vorkommenden künstlichen Behelfsnamen), wodurch sich die Bewohner leichter mit ihrem Gemeinwesen identifizieren können, was wiederum die Lebensqualität steigert.
 
Solche Vorschläge werden auf gründlicher Sachkenntnis basieren müssen, dabei sollte aber auch wo immer möglich Rücksicht auf die Interessen der unterschiedlichen Beteiligten bzw. Betroffenen genommen werden. Beispielsweise könnte ein Namensvorschlag historisch noch so genau recherchiert und örtlich noch so treffend plaziert sein, er würde wohl weder bei den künftigen Anwohnern noch beim  verkaufsinteressierten Bauträger noch innerhalb einer Gemeindeverwaltung Anklang finden, wenn es sich um eine Straße namens "Am Galgen" handelte. In dem Fall müßten Synonyme gewählt werden, wie die in der Stadt Oldenburg bereits vorhandenen "Stiller Weg" und wohl auch "Ewigkeit", oder es wäre eine andere verdeckende, gleichwohl historische Bezeichnung zu wählen, etwa "Zum Gericht".
 
Allseitiger Beliebtheit erfreuen sich indes die folgenden zwei Beispiele aus den  Namensvorschlägen

Zwei Zeitungsartikel zu den Oldenburger Straßennamen Auf der Düne und Am Meere


Ein Bümmersteder Straßenschild mit historisch-landschaftlich passendem Namen

Der Verfasser mit einem Beratungsergebnis (Juni 2005).
 

Weitere Beispiele aus Straßennamensvorschlägen: im Osthafen und auf dem Flughafen (a, b, c)

 

Tabellen mit Erklärungen sämtlicher stadtoldenburger Straßennamen durch den Verfasser


Interview des Verfassers am 26.6.2009
durch Redakteur Olaf Peters und Fotograph Frank Pusch vom Magazin der GSG (Oldenburg Bau- und Wohngesellschaft)
zu Straßenbenennungen und über seine (2009 10jährige) Beratungstätigkeit gegenüber der Stadt Oldenburg:
"Martin Teller, Experte für Straßenbezeichnungen", Der Herr der Namen", GSG-Magazin 2 (August) 2009, Oldenburg, S. 4.

 


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