Kunstwerk

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Kleiner Scherz

Wenn ich komme, edler Stabe,
wieder einmal zu Besuch,
frag nicht, was ich bei mir habe,
schlag nur einfach auf dein Buch.

Geb' ich wie gehabt dir Zeichen,
dann beginnt die schöne Hatz,
hilft kein Zögern und kein Weichen,
bauen wir den Tausendsatz.

(11.12.1987)
 



Licht und Schatten

Feuchte ausgedörrte Blicke
tauchen fort in Flimmer nieder
wo im Dunkeln hell gesprenkelt
kühle Stunden heimlich wehen

Hitze sitzt mit schweren Schwingen
auf der zitternd matten Schulter
wenn durch stille gelbe Felder
müde Schritte dumpfer dröhnen

Ruhig ist alles Weiße oben
Staub bedeckt die harten Sande
als auf wegewüstem Boden
lacht am Rand ein klarer Schatten

Duftend blüht die Heckenrose
auf betäubten Wegen weiter
zwischen hellen Steinen unten
wächst die leichte blaue Blüte

Munter hält ein freier Schatten
in der Hand die frische Blume
hebt sie glücklich auf nach oben
trinkt aus ihr die Dämmerfarbe

Taumelnd tanzt das dunkle Wesen
kreiselnd in die kühlen Auen
ist ein neues heißes Wesen
ist ein Schatten unter Schatten

Trockne naßerfrischte Blicke
spähen fort ins Klare wieder
wo im Hellen schwarz umflorte
heiße Stunden offen stehen

(20.6.1989)
 



Parade-Pferdchen

Neulich fand ich eine Vase,
als ich grub, wo ich sie fand.
Rings auf ihr ein dichtes Band:
kleine Pferde, Schweif an Nase,
eines glich dem andern ganz,
reihten sich im Kettentanz,

eine Form und eine Farbe,
jedes hob den Huf apart,
in Bewegung, doch erstarrt.
Was ich tief bedauert habe,
nahm das Ding und schlug's entzwei.
Wie sie liefen, wild und frei!

(10.10.1995)
 



Partielle Alphabetisierung

Die Welt liegt offen wie ein altes Buch,
wer klug ist, der kann darin lesen.
Wer's nicht kann, ist sein eigner Lebensfluch
und treibt nur, ist nie Halt gewesen.

Die Welt ist auch ein weißes Blatt Papier,
wer's kann, den sieht man darauf schreiben.
Wer's nicht kann, flucht und ärgert sich oft schier,
wo Worte stehen, was sie treiben.

(16.8.1989)
 

 


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© Martin Teller - Oldenburg